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Innovationspreis GEFAHR/GUT

28.05.2014 Praxisbericht

Löschen leicht gemacht

Mit einer Transportbox für beschädigte Lithiumbatterien hat die Brandschutzfirma Gelkoh den Innovationspreis Gefahr/gut 2014 gewonnen. Das Highlight: ein integriertes Löschsystem.
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Freuen sich über den Erfolg: (v. li.) Jan Fritz Rettberg, TU Dortmund, Markus Kohten, Gelkoh, Jurymitglied und Laudator Jörg Holzhäuser und Gelkoh-Geschäftsführerin Katharina Kohten.

©Foto: Rudolf Gebhardt

Spricht man beim Thema Lithiumbatterien von einem heißen Eisen, liegt man ziemlich nah an der Wahrheit. Neigt doch das Metall Lithium dazu, mit vielen Elementen und Verbindungen zu reagieren und dabei starke Hitze zu entwickeln. Selbst Wasser kann als Reaktionspartner dienen, weswegen viele Fachleute davor warnen, Brände, bei denen Lithium beteiligt ist, mit Wasser zu löschen.

Besonders groß ist die Gefahr bei Batterien, die Beschädigungen aufweisen. Unabhängig davon, ob es sich um Lithium-Metall- oder Lithium-Ionen-Batterien oder aber -Zellen handelt, müssen bei deren Transport und Lagerung strenge Vorschriften beachtet werden. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung BAM hat deshalb kürzlich eine Allgemeinverfügung erlassen, mit deren Hilfe deutsche Versender beschädigte Batterien in ADR-Staaten befördern dürfen. Alternativ kann man aber auch die Bestimmungen der Multilateralen Vereinbarung M259 nutzen, die außer Deutschland bis Mitte Mai bereits 14 weitere europäische Staaten unterzeichnet hatten.

Gegen Brandgefahr

Um beschädigte Batterien im Sinne der M259 sicher befördern, aber auch gemäß TRGS 510 lagern zu können, hat die Firma Gelkoh in Hamm einen Behälter aus Stahl entwickelt, der dank einer automatischen Löschanlage Brände verhindert und auslaufende Flüssigkeiten in einer säurebeständigen Wanne sammelt. Für diesen Behälter mit dem Namen „LiCoO2-Box“ hat das Unternehmen nun den Innovationspreis Gefahr/gut 2014 erhalten.

Die Box besteht aus einem Stahlrahmen mit einer Hülle aus Stahlblech. Der Deckel lässt sich mit Hilfe eines Federstabs leicht öffnen, ein Erdungspunkt sowie eine verschließbare Entlüftungsklappe ergänzen die Ausstattung. Das Transportgut liegt im Inneren des Behälters auf einem Gitterrost, unterfangen von einer Wanne mit säurebeständiger Lackierung. „Sie wird nach StaWaR gefertigt, der Stahlwannenrichtlinie für flüssigkeitsdichte Auffangwannen“, erläutert Markus Kohten, technischer Leiter von Gelkoh, und ergänzt: „Somit erfüllen wir auch die Anforderungen der TRGS 510.“

Noch ist das Zulassungsverfahren als Gefahrgutverpackung nicht abgeschlossen, doch hat die Box die Prüfungen der BAM nach Verpackungsgruppe I bereits erfolgreich bestanden. Angestrebt ist die Zulassung als Großverpackung (50A).

Der stählerne Behälter wird in fünf Standardgrößen angeboten: vom Modell XS mit 89 Kilogramm Gewicht in den Maßen 900 x 650 x 550 Millimeter über die Versionen S, M und L bis hin zur XL-Ausführung mit einem Gewicht von 210 Kilogramm und den Ausmaßen 1200 x 1200 x 1500 Millimeter. „Wir passen sie aber auf Kundenwunsch auch an das Transportgut an“, erklärt Kohten.

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Technik im Detail: Der rote Druckschlauch schmilzt bei Hitze, der Sprühkopf vernebelt das Löschgel in der Box.

©Foto: Rudolf Gebhardt

Die wahren Stärken der LiCoO2-Boxen liegen in ihrer zusätzlichen Ausrüstung. Jede verfügt über ein automatisches Löschsystem mit einem Druckbehälter unter dem Gitterrost, einem Sensorschlauch aus Kunststoff rund um die Oberkante des Rahmens sowie zwei Löschdüsen. Schmilzt nun bei einem Wärmeereignis in der Box der Schlauch, öffnet ein Ventil den Druckbehälter und die Düsen werden mit einem Löschgel versorgt. Es besteht zu 99 Prozent aus Wasser, ist pH-neutral und nicht wassergefährdend. Aber es haftet sehr stark, kühlt damit alle Oberflächen im Inneren der Box und reagiert zugleich nicht mit dem Lithium.

Mehrere Systeme

Für noch mehr Sicherheit lässt sich der Behälter auch mit zwei unabhängigen Löschsystemen ausrüsten. So kann man einen Kreislauf etwa mit einem Rauchmelder (Kaltrauchsensor) verbinden, der auslöst, wenn aus der wärmedämmenden Innenverpackung zunächst nur Rauch, aber keine große Hitze herauskommt. Kondensiert das Gasgemisch, wird eine brennbare Atmosphäre verhindert. Das andere System reagiert dann wie beschrieben durch den thermischen Effekt. Zusätzlich besteht auch die Möglichkeit, das Löschgel direkt zur Batterie in die Innenverpackung abzugeben. Die Redundanz der Systeme ist besonders interessant für den Luftverkehr. „Da wollen wir auch hin“, sagt Kohten und ergänzt: „Das Luftfahrt-Bundesamt ist sehr interessiert an unserer Lösung.“

Black Box mit SIM-Karte

Jeder Behälter hat eine Black Box mit eigener SIM-Karte zur Übermittlung von Daten in allen verfügbaren Netzen. Sie kann zur Ortung genutzt werden, sendet aber auch Informationen von eingebauten Sensoren, beispielsweise Gas-, Licht- und Leckagesensoren oder – besonders wichtig – Thermosensoren. So wird der Anwender unmittelbar alarmiert, falls in oder mit der Box etwas Unvorhergesehenes passiert, und er kann sofort darauf reagieren. „Alle Informationen, die die Box sendet, gehen an ein Onlineportal“, fasst Markus Kohten zusammen. Und weiter: „Dort kann man vorab die Parameter einstellen, nach denen unser Kunde informiert werden will.“

Neben der Stahlbox hat Gelkoh auch die passenden Innenverpackungen entwickelt. Denn laut Verpackungsanweisung P 908 im kommenden ADR 2015 muss beim Transport jede beschädigte Zelle oder Batterie einzeln in einer Innenverpackung verpackt sein. Dank der Multilateralen Vereinbarung M259 kann diese Anweisung schon heute für den Transport defekter Lithiumbatterien in 15 Staaten angewendet werden.

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Jede Batterie wird mit einer eigenen Innenverpackung in der LiCoO2-Box untergebracht.

©Foto: Rudolf Gebhardt

Die Innenverpackung besteht aus einem reißfesten Gewebe, das mit einem speziellen Filtermaterial gefüllt ist. Wie bei Funktionskleidung können Gase nur in eine Richtung, nämlich von innen nach außen, das Gewebe passieren. „Die Innenverpackung entspricht Punkt 2 der P 908 und die Außenverpackung wird mit der UN-Codierung als Großverpackung die Punkte 1, 3, 4 und 5 erfüllen“, ist Kohten überzeugt. Zudem strebt er eine Feststellung für den Transport auch stark beschädigter Batterien an, von denen eine besondere Gefahr ausgeht, und die von der M259 ausgeschlossen sind. „Denn wir verhindern, dass ein Zündfunken das zündfähige Gas erreicht. Wir trennen quasi das Verbrennungsdreieck Brennstoff – Sauerstoff – Zündquelle.“

Zehn Zentimeter Abstand

Zur Sicherung des Ladeguts ist in der Box vor und hinter dem Gitterrost eine so genannte Airlineschiene eingebaut. Mit Gurten, die in den Zurrösen dieser Schienen befestigt werden, wird jede Innenverpackung niedergezurrt, „und zwar immer mit mindestens zehn Zentimetern Sicherheitsabstand zur Außenverpackung“, sagt Technikleiter Kohten. Denn so erreiche das Löschgel im Fall der Fälle schnell alle zu kühlenden Flächen.

Ein solches High-Tech-Produkt hat natürlich seinen Preis. Je nach Größe und Ausführung kostet eine LiCoO2-Box zwischen 3900 und 5900 Euro. Allerdings bietet Gelkoh auch ein Leasingmodell an, das bei 67 Euro monatlich startet.

Rudolf Gebhardt


Das Kompetenzzentrum Elektromobilität, Infrastruktur und Netze der TU Dortmund unter der Leitung von Jan Fritz Rettberg gehört zu den ersten Anwendern der LiCoO2-Box.

Für welche Zwecke setzen Sie die Box ein?

Rettberg: Wir verwenden die Box für den Transport und zur Lagerung von Batterien. Wir nutzen sie aber auch in der Forschung, indem wir beispielsweise Lithium-Ionen-Batterien, die üblicherweise in Elektrofahrzeugen verbaut werden, dort einstellen und durch die Entlüftung unsere Messinstrumente und Ladekabel anschließen. Damit können wir den Ladevorgang von Elektrofahrzeugen in einer völlig sicheren Version simulieren, indem wir die Batterien in der Box aufladen und wieder entladen. Das ist ein entscheidendes Sicherheitsmoment.

Was sind für Sie die maßgeblichen Vorteile der Box?

Hauptsächlich die Flexibilität. Wir müssen die Box nicht fest einbauen und können sie sowohl für Forschungszwecke als auch zur Lagerung nutzen. Dazu kommt das Überwachungssystem, das uns rechtzeitig warnt, wenn wir ein Wärmeereignis in der Box haben. Und wir können sicher sein, dass dann die Löschanlage funktioniert, um das Ganze zu kühlen.

Sehen Sie weitere Einsatzmöglichkeiten für die Box?

In der Tat. Wir planen Versuche mit größeren stationären Batteriespeichern in Kombination mit Ortsnetztransformatoren. Es geht darum, Ortsnetze mit verschiedenen Batterietypen zu unterstützen, um das Netz zu stabilisieren. Um da den ersten Feldversuch hier in Dortmund zu machen, wollen wir eine dieser Boxen im Außenbereich einsetzen.

Gibt es Ausstattungsmerkmale, die die Box aus Ihrer Sicht zusätzlich haben sollte?

Aus unserer Sicht ist alles Menschenmögliche getan, um eine Batterie sicher in der Box aufzubewahren. Interessant wäre für uns eine vandalismus- und einbruchssichere Box, die wir im Außenbereich neben einem Trafohäuschen relativ fest verankern könnten. gh

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