Erwärmte Stoffe

04.10.2024 Fachbeitrag

Heißbitumen: Heißes Pflaster

Der Umgang mit Teerspritzschlauchleitungen ist gefährlich. Bei der Verbringung von Bitumen ist Sicherheit das höchste Gebot, sonst drohen schwere Verletzungen.
Schlauch mit montiertem Armaturensystem 1200

Ein auf den Schlauch montiertes Armaturensystem formt aus dem reinen Schlauch eine einsatzbereite Schlauchleitung.

©Foto: Rala

Autofahrer kennen die Situation: Stau und Teergeruch. Der Grund: Heißes Bitumen wird über spezielle Fahrzeuge, sogenannte Teerkocher, für Fahrbahnausbesserungen oder neue Fahrbahnen verteilt. Die dafür eingesetzten Materialien – wie Schläuche und Armaturen – müssen höchsten Anforderungen entsprechen. Auch der Mensch kommt bei dieser anstrengenden und gefährlichen Arbeit angesichts hoher Temperaturen an seine Grenzen und benötigt eine umfassende Schutzausrüstung.

Teerspritzschlauch HB 19 ST von Elaflex 1200

Teerspritzschlauch HB 19 ST von Elaflex.

©Foto: Elaflex

Die Endschläuche, mit denen die Maschinen den Teer verteilen, kennt der Profi als Gummi-Teerspritzschläuche. Diese Schläuche sind Sicherheitsteile und in unterschiedlichen Ausführungen seit einigen Jahrzehnten auf dem Markt sowohl für Kalt- als auch für Heißmasse. Standardmäßig kommen Schläuche in der Abmessung DN 19 mm (3/4 Zoll) zum Einsatz. „Mit der Zeit haben sich unterschiedliche Schlauchkonstruktionen und Schlauchanschlüsse im Markt durchgesetzt“, erklärt Bernd Lauer, Produktmanager bei Rala in Ludwigshafen am Rhein, technischer Großhändler für Industrie und Kommunen. Der Markt scheine stabil und sei aus Sicht von Lauer keinen großen Schwankungen ausgesetzt.

Hohes Risiko für das Personal

Die Ausbringung von Heißbitumen bis 220 Grad Celsius bei einem Druck von rund fünf bar stellt für das Personal ein hohes Risiko dar. Darum sind an die Sicherheit bei den Schlauchleitungen wie auch bei der persönlichen Schutzausrüstung höchste Ansprüche zu stellen. Die aktuell „höchstgraduierte“ Schlauchausführung biete die Firma Elaflex. Deren Polymerschläuche verfügen über ein Stahlgeflecht und eine entsprechende Freigabe für die hohen Temperaturbereiche.

Die Haltbarkeit der speziellen Schläuche lässt sich nur schwer einschätzen angesichts des sehr robusten Einsatzgebietes. Generell gilt: Je häufiger und näher an den Betriebsgrenzen eine Schlauchleitung zum Einsatz kommt, desto intensiver muss eine Schlauchleitung überwacht werden und umso schneller muss eine Schlauchleitung ausgetauscht werden. Verantwortlich für den Zustand des Schlauchs im Betrieb zeichnet der Betreiber. Generell gilt: Diese Schläuche altern rasant angesichts der immens hohen Temperaturen. Alternativen zu Polymer-Schläuchen gibt es keine, denn sie müssen flexibel und leicht sein. Insofern kommen andere Schläuche nicht infrage.

Die Listung der Sicherheitseinweise beginnt Elaflex mit den Worten: „Heißbitumen ist lebensgefährlich“. Das Unternehmen sowie die herstellenden Konfektionäre weisen auf eine notwendige Gefährdungsbeurteilung durch den Betreiber nach der Betriebssicherheitsverordnung hin. Unzulässige Zugkräfte bzw. eine falsche Verlegung des Schlauchs können zu einer Beschädigung der Schlauchaußenschicht führen. Denn angesichts der hohen Temperaturen werden die Schläuche sehr weich und könnten abknicken. Für höhere Temperaturen als 220 Grad Celsius sind die Gummi-Spezialschläuche nicht geeignet. Sie würden dann ihre Leistungsfähigkeit verlieren.

Wurde die gewünschte Menge an Bitumen ausgegossen, erfolgt die Abkopplung des Schlauches und das Ausgießen, solange der Stoff noch flüssig ist, denn mit dem zunehmenden Erkalten des Bitumens steigt die Viskosität.

Hintergrund Bitumen

Bitumen entsteht durch die Destillation von Erdöl. Die Viskosität von Bitumen ist temperaturabhängig, ebenso die Dichte: Weiches Bitumen ist leichter als hartes und heißes leichter als kaltes. Bitumen ist der Wasser-gefährdungsklasse 0 zugeordnet und kein Gefahrstoff. Aber der Transport von flüssigem, heißem Bitumen bei oder über 100 Grad Celsius in Kessel- oder Straßentankwagen fällt unter die UN-Nummer 3257 (siehe auch Seite 8 und 9). Im Straßen- und Eisenbahntransport (ADR/RID) lautet die Kemler-Zahl 99. Fahrer von Bitumen-Fahrzeugen benötigen eine gültige ADR-Bescheinigung.

Schwere Unfälle mit Personenschäden

Fehler bei der Verbringung von Bitumen wie auch vernachlässigte Sicherheitsüberwachungen bei Schlauchleitungen führen immer wieder zu schweren Unfällen mit Personenschäden, warnt Lauer. „Wer an der falschen Stelle spart, gefährdet bewusst die Gesundheit der Mitarbeiter und riskiert eine Umweltverschmutzung“, so der Rala-Produktmanager. Darum sei eine solide Ausstattung des Mitarbeiters mit geeigneter Schutzkleidung, Sicherheitsschuhen und Hand- und Kopfschutz nicht nur angeraten, sondern aufgrund der großen Gefahr ausdrücklich geboten.

Standardarmaturen

Zur Ausbringung von heißem Bitumen werden auf die Spezial-Schläuche End­armaturen „geklemmt“. Bewährt hat sich ein System mittels Schlauchklemme DIN 20039 B in Verbindung mit Knickschutzspirale, Kegeltülle und Flügelmutter, je nach Einsatzfall ergänzt um eine Außenspirale als Scheuerschutz. Die Schläuche bestehen aus einem Spezial-Elastomer. Sie sind elektrisch ableitfähig, abriebfest sowie witterungs- und alterungsbeständig. Um die besonderen Anforderungen zu erfüllen, bedarf es höchst sorgfältiger Konfektion der Schläuche zu Schlauchleitungen. Dafür muss stets gut ausgebildetes und erfahrenes Personal zur Verfügung stehen. Insbesondere die „Stimmigkeit“ im Sitz der Armaturen sowie der Knickschutzspirale und gegebenenfalls der Außenspirale ist von größter Bedeutung.

Thomas Maier

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