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Schwerpunkt des Monats Oktober 2023

Schulungen

05.10.2023 Fachbeitrag

Webinare: Vorteil Virtual Classroom

Web-Schulungen im virtuellen Klassenzimmer bieten einige Vorteile gegenüber körperlicher Anwesenheit. Ein gutes Beispiel dafür sind Schulungen für den Luftverkehr gemäß CBTA.
Schulung Grafik Zeichnung Simulation Webinar 1200

Virtuelle Teilnahme-Möglichkeiten erleichtern das Veranstalten maßgeschneiderter Schulungen – ein Leitgedanke des neuen CBTA.

©Foto: Elenabsl | AdobeStock

Allgemein bekannt ist, dass Web-Schulungen im virtual classroom keinen Reiseaufwand erfordern, die Teilnehmer können aus dem Betrieb teilnehmen, gegebenenfalls aus dem „home office“. Insofern sind Web-Schulungen im virtual classroom umwelt- und klimafreundlich und stehen im Einklang mit weltweiten Bemühungen zu „sustainability“: Die International Air Transport Association (IATA) verkündete unlängst, ihr Fokus liege auf „Sicherheit, Digitalisierung, Nachhaltigkeit“ (safety, digitalization, sustainability).

Vorteilhaft ist bei Web-Schulungen die Homogenität der Raumqualität: Die Inanspruchnahme einer guten Videokonferenz-Software sichert eine gleichbleibende, planbare und sehr gute Qualität der (virtuellen) Schulungsräume.

Diese sind mit großem finanziellem Aufwand der Software-/Hardware-Industrie und auch der öffentlichen Hand (Thema Netze, Breitband) sowie der Privaten (Thema Netzanschluss, Haustechnik) realisiert worden. Auf Knopfdruck können diese virtuellen Schulungsräume prinzipiell weltweit bezogen – und verlassen – werden. Eine solche Homogenität bieten unbewegliche Schulungsräume (insbesondere sogenannte Inhouse-Schulungsräume bei Kunden aus Industrie, Handel, Verkehrswirtschaft) nicht.



Virtuelle Präsenz

„Web-Schulungen“ sind Präsenz-Schulungen im virtual classroom (VCR), laut Luftfahrt-Bundesamt „Webinare“. Teilnehmer sind über Bild und Ton im VCR präsent. Mit LBA-Anerkennung seit dem Jahr 2020 zulässig.



Zu Corona-Zeiten waren Web-Schulungen ein Mittel der Wahl. Eine Onlineschulung war in den Jahren 2020 bis 2022 immer noch besser als nichts. Das kann aber nicht der Standard bei der Gefahrgutbeförderung im Luftverkehr sein. Darum ist es sinnvoll, Web-Schulungen auf den Prüfstand zu stellen, und sie daraufhin abzuklopfen, ob sie eine gute und sichere Alternative zu den bisher bekannten Schulungen in Immobilien sind. Nicht jede Web-Schulung, die 2020 bis 2023 oder auch aktuell am Markt angeboten wird, dürfte so einen Prüftermin überstehen.

Von analog zu digital

Als Schulungsveranstalter in 2020 in einer Art Notprogramm erste Schulungen im Web veranstalteten, wurden bisherige Schulungsprogramme aus der Immobilie in den virtuellen Klassenraum verlegt. Damit wird für die Schulung eine völlig andere Infrastruktur genutzt. Es ist prinzipiell wie mit der Infrastruktur im Güterverkehr: Die Binnenwasserstraße ist ein exzellenter Verkehrsträger, aber Räder rollen darauf nicht, der beste Lastkraftwagen säuft dort ab. Und eine analog konzipierte Schulung zur Veranstaltung in einer Immobilie taugt eben nicht für eine digitale Veranstaltung im virtuellen Raum.

Warum das so ist, zeigt sich dem Teilnehmer, wenn er im virtual classroom Platz nimmt: Vor ihm stehen zwei Bildschirme, eventuell ein Laptop, auf dem Tisch liegen die Tastatur und die Maus. Vielleicht stehen dort auch ein externes Mikrofon und eine WebCam. Ist dann noch die vielfach als Buchausgabe genutzte Gefahrgutvorschrift der IATA-DGR am Start, ist der Tisch voll. Wird in der Vorschrift geblättert, muss die Tastatur bereits zur Seite geschoben werden. Kommt nun noch ein Haufen Unterrichtsmaterial in Form von Handouts, also weiteren Druckausgaben von Vorschriftentexten oder Übungsmaterialien dazu, die möglicherweise mit Kugelschreiber auszufüllen sind, so wird es unbequem und umständlich. Ein solches analoge Konzept passt nicht in ein digitales Format.

Das zeigt sich schon bei den DIN A4 großen Unterlagen, das Format der Wahl für Unterrichtsmaterialien in der analogen Schulung. Nehmen Sie ein DIN-A4-Blatt zur Hand und halten es vor Ihren Monitor: Das Format passt nicht! DIN A4 ist Hochformat, die Bildschirme und Software Programme bedienen heutzutage überwiegend ein ausgeprägtes Querformat. Das hat Konsequenzen für die Präsentationsqualität. Und für digitale Schulungskonzepte heißt das nichts anderes als: Es muss nahezu alles neu gemacht werden, weg vom Hoch- auf das Querformat, wo immer es geht. Ein erheblicher Aufwand, mit dem ein Veranstalter zunächst in Vorleistung gehen muss.

Gleiches gilt für den Aufwand, um bisherige schriftliche Übungen und Abschlussprüfungen in ein digitales Format zu bringen: Alle Eingaben bei Übung und Prüfung erfolgen bei einem digitalen Schulungskonzept am Bildschirm beziehungsweise mittels Tastatur und Maus. Sie werden digital im Dialog entgegengenommen, oft bei gleichzeitiger grafischer Unterstützung des Teilnehmers. Und die Einreichung von Übungs- und Prüfungsbögen muss ebenfalls digital und unverzüglich erfolgen und vom Veranstalter eingesehen werden können. Irgendwelche Provisorien und Behelfe wie „Halten Sie das mal ins Bild“ oder „Scannen Sie das mal ein und schicken Sie mir das zu“ sind unzweckmäßig. Wer als Veranstalter in dieser Richtung nichts oder zu wenig oder zu spät unternimmt – beziehungsweise in den Jahren 2020 bis 2023 so agierte – tritt unverändert mit einem Notprogramm im digitalen Schulungsraum auf. Wenn es dann heißt, das ginge nicht anders, führt das auf Teilnehmerseite zur Enttäuschung und letztlich auch zur ungerechtfertigten Diskreditierung von Web-Schulungen allgemein.

Person Bildschirm Monitor Headset Büro 1200

Web-Schulungen erlauben auch Teilzeit-Unterricht, der vor allem für Fach- und Führungskräfte besonders geeignet ist.

©Foto: JackF | AdobeStock

Maßgeschneiderte Web-Schulungen

Web-Schulungen im virtuellen Raum können viele weitere Vorteile bieten, die in der Immobilie so nicht gegeben sind: Durch extrem raumgreifende Teilnahme-Möglichkeiten wird das Veranstalten maßgeschneiderter („tailor-made“) Schulungen – ein Leitgedanke des neuen CBTA – erleichtert und gegebenenfalls erst ermöglicht. Web-Schulungen erlauben auch erstmals Teilzeit-Unterricht. Solche Schulungen sind im immobilen Betrieb wegen des Reiseaufwands nicht zu realisieren. Gerade die Teilzeit-Schulung ermöglicht es den Teilnehmern jedoch, die Inhalte portioniert aufzunehmen, sicher zu verarbeiten und noch während der Schulung mit betrieblichen Aspekten in Relation zu setzen. Das sind gerade für Erstschulungen sicherheitsrelevante Vorteile, die nur der virtual classroom ermöglicht.

Besonders geeignet ist Teilzeit-Schulung für Fach- und Führungskräfte, denn diese sind ganztags und tageweise schwerer loszueisen als der einfache „Worker“. Und gerade für Fach- und Führungskräfte fehlten bisher zielgruppengerechte Kurse. Zu sehr ist man in der old school darauf fixiert, dem Versender und dem Verpacker zu vermitteln, wie man zum Beispiel Kartons zu falten hat. Eine krasse Unterforderung von Fach- und Führungskräften und ein Konzept, das bei dieser Zielgruppe didaktisch kilometerweit am CBTA vorbeifliegt.

Denn das neue CBTA kennt nicht „den einen“ Versender oder Verpacker. Es kennt praxisgerecht – abhängig von der Tätigkeit – deren vier (siehe Kasten auf S. 22). Und während für einen Versender/Verpacker (2-Stern), der nur einfache Routine-Arbeiten ausübt wie etwa Kisten packen oder Kanister befüllen, die Schulung in einer Immobilie, idealerweise am betrieblichen Arbeitsplatz selbst, der geeignete Schulungsort ist, sieht das bei Fach- und Führungskräften ganz anders aus. Für professionelles Versender/Verpacker-Personal (CBTA-Kenntnisstand 3), das komplexe Handlungen in einem nicht routinemäßigen Zusammenhang selbstständig und ohne besondere Unterstützung vornehmen können soll, kann die Schulung in Web-Präsenz die Option der Wahl sein.

Das liegt insbesondere auch daran, dass solche Personen beruflich immer entsprechend qualifiziert sind (Facharbeiter, Kaufleute, Meister, Betriebswirte, Ingenieure etc.) und am Arbeitsplatz sowie in der Regel auch privat Zugriff auf die erforderlichen betrieblichen Mittel (PC) haben und im Umgang mit moderner IT (Hard-/Software) routiniert sind. Für diese Zielgruppe sind Web-Schulungen mit adäquaten, komplexeren Inhalten und veranstaltet mittels zeitgemäßer Technik ein didaktisch richtiges Angebot.



Kenntnisstände nach CBTA

1-Stern (*): Anfangskenntnis

2-Stern (**): Grundkenntnis: einfache Routine-Arbeit

3-Stern (***): Professionell: komplexe, selbstständige Handlungen

4-Stern (****): Fortgeschritten: Berater-/Ausbilderqualität.

(zitiert nach IATA-DGR, Anhang H.1.2.3)



Jeder kennt das: Zuweilen „zickt“ die Technik, das ist im virtual classroom nicht anders als im immobilen Schulungsraum.

Selbstverständlich ist davon auszugehen, dass eine Web-Schulung irgendwann einmal abgesagt werden muss, wenn technische Probleme auftreten, die sich nicht schnell genug abstellen lassen. Aber selbst wenn es dazu kommen sollte, bietet die Schulung im virtuellen Raum noch Vorteile: Weil keine Reisezeiten anfallen, lässt sich ein Ersatztermin einfacher einsteuern. Bei einer Schulung in einer Immobilie wird ein Veranstalter den Zeitpunkt einer Absage oder Terminverlegung schon allein deswegen herauszögern müssen, weil die Anberaumung eines Ersatztermines (vor allem mit von weither angereisten Teilnehmern) ungleich schwerer bis unmöglich sein wird. Der Qualität ist das nicht dienlich.

Tastatur Virtual Classroom 1200
©Foto: kebox | AdobeStock

LBA kann überwachen

Und auch der Luftfahrtbehörde bieten Web-Schulungen Vorteile: Die Überwachungsmöglichkeiten waren noch nie so gut.

Zu jeder Web-Schulung kann sich die Behörde über einen vorher vom Veranstalter mitzuteilenden Link einwählen. Die Mitteilung der Daten an das Luftfahrt-Bundesamt ist für jeden Anbieter von Web-Schulungen (per LBA-Schulungsauflage) verpflichtend. Bei stationären Seminaren weiß die Luftfahrtbehörde noch nicht einmal, wann und wo was läuft.

Quintessenz: Web-Schulungen können viele Vorteile bieten, aber nur dann, wenn der Veranstalter ein digitales Schulungskonzept erarbeitet. Wo das nicht der Fall ist, bleibt ein bloßes Veranstalten analoger Konzepte als digitale Schulung im virtuellen Raum ein unbefriedigendes Provisorium und ein Notbehelf.

Dass es Schulungsanbieter gibt, die sich aus diesem Grund entschieden haben, den Weg zurück in die Immobilie anzutreten, um dort eine qualitativ hochwertige Schulung zu gewährleisten, ist insofern konsequent und richtig. Auf der anderen Seite gibt es inzwischen qualitativ hochwertige, digitale Web-Schulungen im Virtual Classroom, die viele Vorteile bieten können. Pauschale Qualitätszuweisungen Immobilie / Web sind deshalb unangebracht. Beide Modelle haben ihre Existenzberechtigung – wenn sie gut gemacht sind.

Michael Miska
Alpha Gefahrgut Consulting, Selm-Cappenberg


Digitale Schulungen: So kann es gehen

Das Unternehmen Alpha Gefahrgut Consulting (AGC) hat sein Schulungsprogramm für den Luftverkehr komplett auf digital umgestellt. Es stehen mehrere hundert Übungs- und Prüfungs-Fragebögen zur Verfügung, die für den Online-Modus im Bildschirm-Querformat ausgelegt sind, meistens mit grafischer Unterstützung. Dazu kommen digitalisierte Informationen, Merkblätter, Videos und Tonaufnahmen. Jeder Teilnehmer kann über die Webseite der AGC seine Schulungsmaterialien einsehen und herunterladen. Material und Webseiten sind nach Maß entworfen für die verschiedenen Schulungsmodule (Basic, Plus, Li-Batt, Perfume & Cosmetics, Forward/Check etc.). Einzig „überlebendes“ Papier ist die Vorschrift selbst (IATA-DGR), die der Teilnehmer einsetzen darf. Und da kleine Klassen als Vorteil gelten, hat AGC die Teilnehmerzahl in der Web-Schulung freiwillig auf maximal neun Personen beschränkt.

Seit Anfang 2023 bietet das Unternehmen Web-Schulungen aus didaktischen Gründen grundsätzlich als Teilzeit-Schulung an, das heißt, die Teilnehmer treffen sich nach festem Stundenplan (ggf. nur zwei bis drei Stunden täglich) im virtuellen Konferenzraum.

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